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Schweißgarantie inkludiert

„Ja, passt, bisschen weiter nach rechts und Gas geben, super, bist vorbei“ – schweißgebadet lasse ich Marc, unseren Instruktor links liegen und mühe mich mit der 1200-er GS den schmierig-erdigen Weg hinauf. Doch mit dem mir plötzlich in den Weg springenden Zaun habe ich nicht gerechnet.

Wie das Kaninchen die Schlange starre ich ihn an und prompt falle ich auf den ersten Anfängerfehler hinein. Wie heißt es so schön: Dort wo du hinschaust, fährst du auch hin. Und schneller als man glaubt, liegt sie da. Mist. Dabei wollte ich den Tag doch ohne Bodenkontakt überstehen.
Doch das ist nicht so einfach im BMW Enduro-Trainingsgelände in Hechlingen bei Nürnberg.

Rückblende
Halb neun Uhr morgens, die dunklen Wolken verheißen nichts Gutes. Während im Geländestützpunkt ein Video über die neue BMW R 1200 GS läuft, schüttet es draußen in Strömen. Kein guter Tag, um ihn Outdoor auf unbefestigten Wegen zu genießen. Doch wie bestellt hört der Regen mit den letzten Impressionen des Videos ebenfalls auf, während die vier Instruktoren versuchen, eine homogene Gruppeneinteilung zustande zu bringen.
„Ambitionierte Straßenfahrer mit Geländeerfahrung“ ist als dritte Gruppe jene meiner Wahl. Für die vierte, die schon fast nach Profi-Enduristen klingt, hab ich vor den über 200 Kilo der GS dann doch zuviel Respekt. So wie mir geht es offenbar vielen, ein Einziger meldet sich für die vierte Gruppe an. Zuwenig beschließt Marc, der Instruktor und startet einen zweiten Versuch. Ehe ich klar denken kann, hab ich auch schon die Hand gehoben. Na gut, dann halt „Profi-Endurist“.

„Generell“, so Marc später, „werden ohnehin in allen Gruppen die gleichen Übungen gemacht, Unterschiede gibt es nur in den befahrenen Wegen zwischen den Übungsplätzen und den Ausmaßen der Übungen“. So machen wir uns zu sechst auf den Weg, um etwas dazuzulernen. Und von dem gibt es jede Menge - trotz der jahrelangen Motorrad- und auch Offroad-Erfahrung, die alle Gruppenmitglieder mitbringen.

Mit voll eingeschlagenem Lenker enge Kreise zu fahren, ist beim Umdrehen auf Straßen aller Art hilfreich. In einem Quadrat wird dies erst links, dann rechtsherum geübt. Schließlich fahren fünf Mitglieder der Gruppe Achter auf engstem Gebiet. Langsames Fahren, die richtige Blickführung, die Gewichtsverlagerung und das gleichzeitige Achten auf die anderen verlangt höchste Konzentration.

Erste Pause nach rund eineinhalb Stunden. Zeit zu verschnaufen und etwas zu trinken. Trotz des nicht wirklich warmen Wetters schwitzen wir alle, die Anstrengungen sind uns ins Gesicht geschrieben. „Ihr werdet sehen, sobald ihr lockerer werdet und nicht mehr so verkrampft am Lenker hängt, geht’s auch einfacher“, muntert uns Marc auf. Sein Wort in Gottes Ohr...

Nächste Übung: Bremsen
Die Erkenntnis, dass ein blockierendes Vorderrad nicht automatisch und per se der Belzebub ist, vor dem man sich fürchten muss, ist hilfreich. Trotzdem macht sich großes Erstaunen in den Gesichtern der Teilnehmer breit, während Marc mit blockiertem Vorderrad an uns vorbeifährt. Und tatsächlich, solange das Vorderrad gerade bleibt, kann man mit gleichmäßigem Gaseinsatz das Motorrad auch mit blockierendem Rad vorwärts bewegen. Aber ebenso wichtig ist natürlich die Entdeckung des Gefühls, wann es dann doch besser ist, das Rad wieder frei zu geben.

Die Bremsübungen mit blockiertem Hinterrad und dann mit knapp an die Blockiergrenze gebrachtem Vorderrad sollten aber dann trotzdem mit Respekt und Gefühl absolviert werden, wer da vorne zu stark reinlangt und anschließend nicht auf sein Gefühl hört, kann auch mal schmerzhaft absteigen. Endurofahren in Hechlingen ist kein Kindergeburtstag, wenngleich Verletzungen äußerst selten vorkommen und es nicht die Regel darstellt, dass gleich zwei der insgesamt rund 30 Teilnehmer ärztlich versorgt werden mussten.

Doch von all dem bekamen wir immer nur in den kurzen Pausen etwas mit, zu beschäftigt waren wir, die Motorräder durch die Kuschelwiese oder einen schmalen, glitschigen Waldweg hinunter und später auch wieder hinauf zu steuern. Nasse Wurzeln schräg über den Weg und drei Zentimeter dicker Schlamm machen derartige Ansinnen zu fast unlösbaren Aufgaben. Haderte ich am Vormittag auf dem Motorrad stehend noch mit meinem Schicksal als eher lang Gewachsener, bin ich jetzt froh über jeden Zentimeter Fuß, den ich auf den Boden bekomme. In einer Mulde stehend komme ich schließlich weder vorwärts noch zurück, da hilft schließlich nur zweimal rückwärts und dann mit viel Gas und durchdrehendem Hinterrad das Hindernis zu überwinden.

Steilauffahrt, wir kommen!
Besser geht es an den langen Steilauffahrten, die oben mit einem schmalen Weg enden. Die richtige Dosierung der Gashand ist hier wesentlich, will man nicht über das Ziel hinausschießen. Sehr mulmig wird es dann am Weg zurück. Was von unten und weit weg noch halbwegs OK aussieht und den Blick nach oben gerichtet auch kein Problem darstellt, bekommt bei der Ansicht von oben an der Kante stehend bedrohliche Ausmaße.

„Die GS hat ein Teilintegral“, klärt Marc auf, „Gewicht nach hinten verlagern und nur mit der vorderen Bremse bremsen. Ihr werdet sehen, alleine durch die geringe Bremskraft, die nach Hinten verlagert wird, bringt ihr das Hinterrad zum Blockieren. Fahrt so langsam wie euch möglich hinunter, es könnte ja unten eine scharfe Kurve auf euch lauern.“
Sprach’s und verschwand hinter der Kuppe. Fast im Stillstand bremste er sich dann den steilen Berg hinunter, ein Kunststück, das keiner von uns auch nur annähernd zusammenbrachte.

Zeit, das den ganzen Tag über gelernte in die Praxis umzusetzen. Wir fahren einen Hügel hinunter.
Im Normalfall maximal ein Wanderweg mit drei sehr engen Serpentinen, rutschig und mit großen Steinen versehen. Langsam bremsend, in der Kehre das Gewicht verlagernd, ja nicht absteigen, man mag sich ja keine Blöße geben.

Der Höhepunkt
Schließlich der Höhepunkt, wir sind ja nicht umsonst in der besten Gruppe. Doch der Waldweg hat Tücken. Steil, sehr schmal und durch den Regen glitschig wie Eis. Die erste Abfahrt schaffe ich noch stehend, die zweite nur mehr mit durchgehendem Bodenkontakt meiner Stiefel. Irgendwie bringe ich mich und das Motorrad jedoch hinunter während sich ein weiterer Teilnehmer anschickt, langsam zu uns zu stoßen. Einen Augenblick später liegt seine GS jedoch am Boden, während er den Hang hinunterkullert. Zu rutschig war die leichte Kurve. Mit vereinten Kräften wird sie geborgen, der Weg hängt nun allerdings noch bedrohlicher nach außen. An ein Fahren ist praktisch nicht mehr zu denken, gemeinsam werden die Kühe ins Tal gebracht.
Endlich kommt auch Marc ins Schwitzen. Eine letzte kurze Auffahrt, dann haben wir es geschafft.

Fazit
Sehr lehrreich, auch für einen „altgedienten Hasen“ wie mich. Zudem sehr anstrengend, auch wenn uns das bewölkte und nicht heiße Wetter entgegenkam. Die Instruktoren können sich wegen der Kleinheit der Gruppen sehr intensiv um jeden Teilnehmer kümmern, alle Übungen werden erklärt und vorgeführt.
Im Verlauf des Tages kann man die auf sicherem Gebiet trainierten Fahrkünste dann auf den verschlungenen Wegen in die Praxis umsetzen.

Interessant ist auch, was mit der GS alles möglich ist. Eingefleischte Enduro- oder Motorcrossfahrer würden für derartige Wege zwar sicherlich auf ein leichteres Gerät zurückgreifen, doch ist es beruhigend zu wissen, wie sich auch große Motorräder in manchmal unwegsamen Gelände verhalten. 

Das Gelände
Das Endurogelände wurde in einer ehemaligen Kiesgrube errichtet. Hauptaugenmerk liegt natürlich im Geländefahren, wobei der Schwerpunkt bei der Beherrschung des Motorrades auch bei niedrigen Geschwindigkeiten liegt. 

Angeboten werden unterschiedliche Kurse, von Eintagestrainings bis zu Dreitagestrainings, die dann auch eine Ausfahrt in ein nahe gelegenes Panzerübungsgelände beinhalten.

Die Gruppen sind sehr übersichtlich, die Instruktoren bemühen sich auch sehr, auf die individuellen Kenntnisse der Teilnehmer einzugehen. Passt ein Teilnehmer von seinem Können her nicht ganz in die jeweilige Gruppe, kann auch während des Tages in den Pausen gewechselt werden.

Gefahren wird im Normalfall mit zur Verfügung gestellten Fahrzeugen, wer unbedingt will, kann das Training gegen eine entsprechende Kostenreduktion auch mit seinem eigenen Fahrzeug absolvieren. Das Geld in eines der vor Ort anwesenden Motorräder zu investieren ist allerdings eine ausgezeichnete Idee. Auch wenn sich alles in eher geringen Geschwindigkeitsbereichen abspielt, gelegen ist in unserer Gruppe jeder mindestens einmal. Glück dem, der nach dem Training die Heimreise nur mit einem zerbrochenen Blinkerglas antreten muss, gebrochene Brems- oder Kupplungshebel können da schon problematisch werden.

Ein zweites T-Shirt kann nach der Vormittagssession das durchgeschwitzte ersetzen, nach dem Training stehen großzügige Duschanlagen zur Verfügung. Auch die Stiefel bzw. die Kleidung können gereinigt werden.

Empfehlenswert sind die Trainings für alle Gruppen von Fahrern, vom absoluten Neuling über den Wiedereinsteiger bis hin zu „altgedienten Hasen“, die derartiges einfach einmal ausprobieren möchten.

Weitere Informationen und Anmelde-Möglichkeiten gibt es auf der BMW-Webseite. Unterkünfte können ebenfalls reserviert werden, das Mittagessen ist im Preis inkludiert und wird gemeinsam in einem Hotel in der Nähe des Geländes eingenommen.

Die Kosten liegen zwischen 180 Euro für einen Ein-Tageskurs mit eigenem Motorrad und 725 Euro für einen Drei-Tageskurs mit bereitgestelltem Motorrad.

Datum der letzten Änderung: 12.6.2007

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