Egal, auf welcher Seite nun die Prioritäten gesetzt werden, die FJR kann sowohl die sportlicheren Fahrer als auch jene, die auf der Suche nach Komfort sind, befriedigen. Klar, dass es auf beiden Seiten extremere Fahrzeuge gibt, doch die Summe der Eigenschaften spricht klar für die FJR.
Schon die Sitzposition ist klar auf Langstrecken ausgelegt. Die Füße finden sofort Platz, ein angenehmer Kniewinkel und ausreichend Platz zur Verkleidung, eine angenehm aufrechte Position des Oberkörpers, die nur wenig Druck auf den Lenker verursacht, lassen hier keine Zweifel aufkommen. Auch das elektrisch höhenverstellbare Windschild, dass in voll ausgefahrener Position je nach Körpergröße fast keinen Winddruck mehr auf den Helm zulässt, verstärkt den "touristischen" Charakter des Motorrades. Die perfekt in die Linie der FJR passenden Seitenkoffer beseitigen schließlich auch die letzten Zweifel, es hier mit einem klassischen Tourer zu tun zu haben.
Wären da nicht die Fahrleistungen und der Motor.
Der Motor leistet 145 PS bei 8.500 U/min, schöpft diese Kraft aus 1.298 ccm und kann mit einem Drehmoment von 134 Nm bei 7.000 Umdrehungen aufwarten. Was dies bedeutet, können nackte Zahlen nur unzureichend ausdrücken. Kraft ist ohne Ende vorhanden, setzt sie anfangs noch sanft aber bestimmt ein, beginnt ab ca. 6.000 Touren eine unsichtbare Kraft das Motorrad samt Fahrer immer schneller nach vorne zu ziehen. 100 km/h erreicht die FJR im ersten Gang in nicht einmal drei Sekunden, was im Lager der Tourer für ungläubige Gesichter sorgt. Berichte, nach denen auch mit voll ausgefahrenem Windschild die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erreicht werden kann, konnten allerdings wegen der Rücksichtnahme auf den Führerschein nicht verifiziert werden.
Um überhaupt voranzukommen muss die Kraft des Motors an das Hinterrad gebracht werden. Dies erfolgt bei der FJR über einen wartungsarmen Kardan, auch dies ein Zeichen an die Käufer-Zielgruppe, die sich wahrscheinlich lieber mit langen Touren denn mit Kettenpflege beschäftigen will. Eine hydraulische Kupplung trennt den Motor vom Fünfgang-Getriebe, das zumindestens im kalten Zustand im ersten und zweiten Gang hörbar eingelegt wird.
Unterwegs ist nun auch das Fahrwerk gefordert, und wie der Motor ist auch dieses den Ansprüchen dieses Motorrades voll gewachsen. Das Eigengewicht von knapp 260 kg ist nicht wirklich spürbar, unbeirrt von etwaigen Unebenheiten zieht das Motorrad durch enge Serpentinen und fühlt sich auch in schnellen Bundesstraßenkurven sichtlich wohl. Dabei will sie auch nicht sonderlich in die Schräglage gebeten werden sondern folgt den Gedanken mehr oder weniger von selbst.
Wer die sportlichen Tugenden der FJR ausnützen will, sollte seine Füße von der bequemen Stellung ein Stück nach hinten versetzen und mit dem Vorderballen auf den Rasten stehen. Dies gibt die entscheidenden Zentimeter Schräglage mehr.
Wer ein flottes Fahrwerk und einen tadellosen Motor hat, braucht zu seinem Glück noch einwandfreie Bremsen. Und die wurden der FJR auch verpasst. Vorne sorgen zwei fast 30 Zentimeter messende Scheiben für die entsprechende Verzögerung, hinten wird mit einem festen Druck auf das Pedal mittels der über 28 cm messenden Scheibe das Hinterrad schnell an die Blockiergrenze und auch darüber gebracht. Nicht nur hier wäre der Einsatz eines ABS wertvoll, allein derzeit bleibt es beim frommen Wunsch, das System ist nämlich (noch) nicht einmal als Zubehör erhältlich.
Legt man den Zwischenstopp an einer Tankstelle ein, fließen bis zu 25 Liter bleifreier Treibstoff in den Tank. Diese Menge sollte bei halbwegs gesitteter Fahrweise für über 380 Kilometer reichen, allerdings kann bei zügiger Fahrt die elektronische Einspritzung auch bis zu 8,5 Liter Benzin in die Zylinder verfrachten. Eine digitale Tankanzeige informiert relativ genau über den Füllzustand des Stahltanks.
Auch die weiteste Fahrt findet einmal ein Ende, von nicht vielen Motorrädern kann auch nach langen Etappen so entspannt abgestiegen werden. Nach dem Abziehen des Zündschlüssels fährt das eventuell ausgefahrene Windschild automatisch in die tiefste Position, ein Gimmick, das offensichtlich von sich selbst schließenden Fenstern im PKW-Sektor übernommen wurde. Das Motorrad wird auf den Seiten- oder den Hauptständer abgestellt, die Koffer abmontiert.
Die FJR ist eigentlich ein perfekter Kompromiss zwischen einem Sport- und einem Tourenmotorrad. Eingefleischte Fahrer beider Kategorien werden gewisse Dinge bekritteln können, in Summe gesehen stellt sie sich allerdings als ein erstaunlich vielseitiges Motorrad dar. Wünschenswert wäre auf jeden Fall ein ABS, das angeblich 2003 verfügbar sein soll.
Ein wenig negativ an unserem Testmotorrad ist uns auch die, vor allem bei Autobahnetappen, unangenehme Hitzeentwicklung im Bereich des linken Unterschenkels aufgefallen.
Der Preis von 16.350,- Euro (in Österreich) erscheint auf den ersten Blick zwar relativ hoch, ist für ein Motorrad dieser Klasse aber durchaus angemessen.
Motor | Flüssigkeitsgekühlter 4-Zylinder 4-Takt Motor mit geregeltem 3-Wege Katalysator | Endantrieb | Kardan | |
Bohrung x Hub (in mm) | 79 x 66,2 | Abmessungen (LxBxH, in mm) | 2.195 x 760 x 1.420 | |
Hubraum | 1.298 ccm | Radstand (in mm) | 1.515 | |
Verdichtung | 10,8 : 1 | Sitzhöhe (in mm) | 805 | |
Gemischaufbereitung | elektronische Einspritzung | Bodenfreiheit (in mm) | 135 | |
Max. Leistung | 105,5 kW (143,5 PS) bei 8.000 min-1 | Tankinhalt | 25 Liter | |
Max. Drehmoment | 134,4 Nm bei 7.000 min-1 | Bereifung | vorn: 120/70 ZR 17 hinten: 180/55 ZR 17 |
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Zündung | Digitale Transistor Kennfeldzündung | Radaufhängung | vorne: Telegabel mit 135 mm Federweg hinten: Zentralfederbein mit 125 mm Federweg |
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Starter | Elektrostarter | Bremsen | vorne: 298-mm Doppelscheibenbremse hinten: 282-mm Einscheibenbremse |
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Getriebe | 5 Gänge | Trockengewicht | 237 kg |
Datum der letzten Änderung: 29.3.2006
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